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Hochtourengrundkurs Chamonix

Erste Erfahrungen im Schnee und Eis im Umfeld der Hochgebirgswelt von Chamonix

15.07.2023

Lektion 1: Wer sich auf Hochtour begeben will, der muss früh aufstehen!

Unsere Tourenleiter Gerhard und Thomas hatten sich im Vorfeld viel Mühe gegeben, eine passende Örtlichkeit für den Kurs zu suchen, allerdings gestaltete sich dies schwerer als gedacht da die meisten Hütten in Österreich, der Schweiz und Italien erst Ende Juni ihren Hüttenbetrieb öffnen sollten. So blieb keine andere Möglichkeit, als sich vom 14.06. bis zum 18.06.2023 in die Westalpen nach Frankreich zu begeben. Unser Ziel sollte Chamonix sein, genauer gesagt das Refuge Albert 1er oberhalb von Le Tour. Entsprechend früh fiel unsere Abfahrtszeit am Mittwochmorgen aus: um 03:00 Uhr morgens trafen wir uns am Startpunkt in Hechingen.

In zwei Fahrgemeinschaften machten wir uns auf den Weg nach Chamonix, wo wir unterwegs noch eine weitere Teilnehmerin in Singen am Bahnhof einsammelten.

Lektion 2: Sei immer auf Überraschungen vorbereitet – Flexibilität bei der Routenwahl

Als wir dann um ca. 12:00 Uhr in Le Tour zur Hütte starteten, war zugleich Flexibilität gefragt. Der ursprüngliche Plan über den gemütlicheren Sommerweg aufzusteigen war hinfällig, nachdem das örtliche Bergführerbüro aufgrund der aktuellen Verhältnisse noch davon abgeraten hatte. So blieb uns keine andere Möglichkeit als den alten Moränenweg (ca. 1.200 Höhenmeter), der in direkter Fallrichtung zur Hütte verlief, mit unseren schweren Rucksäcken zu bewältigen. Unsere Tourenleiter hatten uns im Vorfeld aber bereits vorgewarnt. Durch geschicktes Pausenmanagement und abwechselndes Tragen der Seile, erreichten wir dann am späten Nachmittag erschöpft die Hütte. Zum Glück waren für diesen Tag keine weiteren Programmpunkte mehr vorgesehen und alle freuten sich auf eine ausgiebige Mahlzeit!

Der Donnerstag und Freitag standen dann unter dem Motto: üben, üben, üben und nochmals üben….

Aufgrund der guten Bedingungen vor Ort, entschieden sich unsere Tourenleiter am Donnerstag direkt mit uns auf den Gletscher zu gehen. Am Rand des Gletschers angekommen starteten wir dann sofort mit der Praxis: Wie seilt man sich am Gletscher an? Welche Abstände muss man zwischen den Personen einhalten? Wann muss man sich am Gletscher anseilen und wann benötigt man Bremsknoten im Seil? Gewappnet mit diesem Basis Wissen, durften wir dies dann auch gleich praktisch anwenden: Bildung einer 3er und einer 4-er Seilschaft für die anstehende Tour zum nächsten Übungsgelände.

Am und auf dem Weg zu unserem heutigen Übungsgelände, ließen die Tourenleiter dann noch theoretisch Inhalte wie Gletscherarten, Pausenstellen im Gelände und Gefahren auf dem Gletscher (Spaltenarten) anhand der Gegebenheiten vor Ort mit einfließen.

Am Übungsgelände angekommen, standen dann für den heutigen Tag noch folgende Themeninhalte auf dem Programm: Gehen im Schnee und Eis mit und ohne Steigeisen, Fixseiltechnik und Geländerseiltechnik, T-Anker sowie die wichtigsten Knoten. Anhand unterschiedlicher Übungen konnten wir diese dann auch ausgiebig und in aller Ruhe testen. Gewappnet mit diesem Grundwissen, begaben wir uns dann am Spätnachmittag geplättet zurück zur Hütte.

Am Freitag machten wir uns erneut auf den Weg zum Gletscher. Tags zuvor hatten unsere Tourenleiter noch eine schöne Gletscherspalte gesichtet, die sie uns heute praktisch näherbringen wollten. Für den gesamten Tag stand die Thematik Gletscherspaltenbergung an. An der Gletscherspalte angekommen, richteten unsere Tourenleiter zuerst das Übungsgelände ein: Überprüfung auf weitere Spalten, Vorbereitung der Hintersicherungen etc. Schließlich wollte niemand ungewollt in einer Gletscherspalte landen….

Nur zögerlich fand sich dann auch ein Freiwilliger, der als Erster in die Gletscherspalte gelassen wurde. Nach und nach mussten wir aber alle in die Spalte, da hatten unsere beiden Tourenleiter kein erbarmen mit uns!

Jeder von uns sollte in den Genuss kommen, in dieser Gletscherspalte zu hängen. Danach war uns absolut klar, dass man einen Spaltensturz unbedingt auf seinen Touren vermeiden sollte! In den 3er Seilschaften probierte jeder von uns mehrmals alle Positionen in der Seilschaft (vorne, Mitte, hinten) aus, um genau zu wissen wie man bei einem Spaltensturz in der entsprechenden Position reagieren und agieren muss!

Als wir nachmittags dann auf der Hütte ankamen, standen noch zwei weitere Themen auf dem Programm. Markus unterwies uns noch im Bereich Karte und Kompass. Gerhard und Thomas zeigten uns die Grundlagen der Tourenplanung (Wegzeitberechnung, Rastpunkte etc.). Mit diesem Wissen sollten wir Teilnehmer nun die Tourenplanung für unsere Tour am Samstag machen. Nach einiger Zeit kamen wir dann auch annähernd auf dieselben Ergebnisse wie unsere Tourenleiter. Für Diskussionen sorgte noch der Startzeitpunkt am nächsten Morgen – allerdings wissen wir ja aus Lektion 1: Wer sich auf Hochtour begeben will, der muss früh aufstehen.

Und so starteten wir am Samstagmorgen bereits um 05:30 Uhr zu unserer Tour auf die Tête Blanche, am Fuße der imposanten Aiguille du Chardonnet. Da wir zeitlich fix unterwegs waren, entschieden sich unsere Tourenleiter dazu noch einige praktische Elemente in die Tour einfließen zu lassen: neue Routenführung (nicht entlang der Standartspur), Anwendung der Fixseiltechnik in der Tour. Glücklich und zufrieden erreichten wir dann alle den Gipfel der Tête Blanche und genossen bei der Vesperpause die Aussicht auf die Umliegenden Gipfel: Aiguille du Chardonnet, Aiguille du Tour.

Glücklich uns zufrieden erreichten wir dann am Nachmittag rechtzeitig zu Kaffee und Kuchen die Hütte. Zum Abschluss erfolgte dann noch eine kurze Einführung in die Wetterkunde. Gemeinsam mit unseren Tourenleitern ließen wir dann den Abend gemütlich ausklingen, bevor wir uns dann am nächsten Morgen in aller Frühe auf die Heimreise machten.

Vielen Dank an die Gruppe und die Tourenleiter, die uns diese schönen Tage ermöglicht haben!

Text: Thomas B.

Bilder: Leonard P.